Alles auf Performance

Zinswende, Inflation, Rezession: Die Dreifachkrise, verstärkt durch geopolitische Verwerfungen, stellt auch Anbieter von Immobilienfonds vor besondere Herausforderungen. Umso wichtiger, jetzt alle Hebel für eine nachhaltige Performance zu bedienen. Von Christian Hunziker

Rückblickend wirkt es, als ob die ­Immobilienwirtschaft viele Jahre lang nahezu ideale Voraussetzungen vorgefunden hätte. Gewiss, da war 2008/09 die schwere Krise, die durch die Insolvenz der Investmentbank Lehman Brothers und die Verwerfungen am US-amerikanischen Häusermarkt ausgelöst wurde. Doch seither ging es scheinbar unaufhaltsam bergauf. 


Rekordverdächtig niedrige Zinsen machten Immobilien zum begehrten Anlage­objekt und trieben die Preise immer weiter in die Höhe. Gleichzeitig sorgte die gute wirtschaftliche Entwicklung für eine wachsende Nachfrage in fast allen Assetklassen. So positiv war die Stimmung, dass selbst der Ausbruch der Corona-Pandemie im Jahr 2020 zwar den Immobilienmärkten einen Dämpfer versetzte, aber keinen Einbruch verursachte. Doch das Jahr 2022 hat alles verändert. Geopolitisch war es der Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine am 24. Februar, der nicht nur die politische Landkarte veränderte, sondern auch massive wirtschaftliche Auswirkungen hatte – ganz besonders in denjenigen europäischen Ländern, die, wie Deutschland, einen Großteil ihres Öl- und Gasbedarfs aus Russland bezogen. Hinzu kam die Kombination aus Inflation und Zinssteigerung, die in diesem Ausmaß kaum ein Beobachter erwartet hatte und die besonders die in hohem Maße von Fremdkapital abhängige Immobilienwirtschaft mit voller Kraft traf. 


Um nur eine der Auswirkungen zu nennen: In Deutschland sank das Transaktions­volumen von gewerblich genutzten Immobilien nach Angaben der Beratungsgesellschaft Colliers im Vergleich zum Jahr 2021 um gut 12 Prozent, wobei das vierte Quartal sogar das umsatzschwächste Jahresabschlussquartal seit 2011 war. Allerdings zeichnete sich zur Jahreswende ab, dass Inflation und Zinsen nicht ins Unermessliche steigen dürften.


Bei Inflation und Zinsen deutet sich eine Beruhigung an

Laut den Daten der EU-Statistikbehörde Eurostat betrug die Inflation im Euroraum Ende 2022 9,2 Prozent und war damit deutlich niedriger als noch im November (10,1 Prozent). Das Nachlassen der Inflation dürfte nach Ansicht von Beobachtern den Druck auf die Europäische Zentralbank verringern, nach den drei Zinserhöhungen von 2022 die geldpolitischen Zügel noch straffer anzuziehen. Und auch der befürchtete Wirtschaftseinbruch scheint auszubleiben. 


Für Deutschland erwartet die Bundes­regierung im laufenden Jahr ein leichtes Wirtschaftswachstum von 0,2 Prozent, und für die EU rechnet die Europäische Kommission mit einem Plus von 0,3 Prozent. „Den Höhepunkt der Inflation haben wir erreicht“, ist auch Michael Bütter, CEO und Vorsitzender der Geschäftsführung der Union Investment Real Estate GmbH, überzeugt. „Diese Beruhigung wird den Kapitalmärkten helfen, die Zinsen entsprechend zu kalibrieren.“ Wenn das Zinsniveau feststehe, würden sich auch wieder marktfähige Preise von Immobilien bilden. Denn genau daran – und nicht etwa an Immobilien als solchen – mangle es zurzeit. 


„Wir haben Produkte von morgen zu Preisen von gestern“, formuliert es Bütter. Will heißen: Viele Verkäufer verlangen Preise, die potenzielle Investoren angesichts des massiv teurer gewordenen Fremdkapitals nicht zu zahlen bereit sind. Zwar gibt es laut Bütter vereinzelt bereits deutliche Preisreduktionen; auf breiter Front in allen Assetklassen ist das jedoch noch nicht der Fall. Eine Änderung erwartet der CEO der Union Investment Real Estate GmbH spätestens im dritten Quartal 2023, wenn sich das Zinsniveau stabilisiert haben wird. Das bedeutet jedoch nicht, dass die Fonds­manager die Hände in den Schoß legen. Selbst im schwierigen Jahr 2022 steigerte Union Investment die Assets under Management um 9 Prozent auf über 56 Milliarden Euro. Das Wachstum lag damit auf dem gleichen Niveau wie im Jahr 2021, also vor der Zinswende. Im zurückliegenden Jahr wurde ein Ankaufsvolumen von 4,1 Milliarden Euro realisiert. Mehr wäre durchaus möglich gewesen. „Wir haben uns aber bewusst gegen weiteres mögliches Wachstum und für einen vorsichtigen Investitionskurs entschieden und warten die nach der Zinswende fälligen Preiskorrekturen ab“, so Michael Bütter. 


Zugleich reagiert Union Investment auf Verschiebungen der Nachfrage. Um ein Beispiel aus dem Hotelsegment zu nennen: Mit dem Ankauf eines Boutiquehotels der Marriott-Bonvoy-Marke Autograph Collection am Tegernsee in Bayern wurde kürzlich der erste Ankauf im Bereich der krisenresilienten Ferienhotellerie realisiert. Reine Businesshotels hingegen, so Bütter, stünden derzeit nicht auf der Ankaufs­liste. Auch auf Verkaufsseite bleibt ­Union Investment aktiv und realisiert dort, wo die Preise stimmen, punktuell Verkäufe von Fondsobjekten. 


Ankäufe und Bestandsinvestitionen: die Kunst des richtigen Timings

Besonders wichtig in der derzeitigen Marktphase sind Investitionen in den Bestand. „Wir verstehen das Asset Management als Kernelement, um den Wert unserer Objekte zu erhöhen“, betont Michael Bütter. Neben der Schaffung zusätzlicher Mietfläche seien insbesondere Investitionen Erfolg versprechend, welche die Nachhaltigkeit der Fondsimmobilien steigerten. „Wenn wir die Energieeffizienz verbessern, haben wir eine Win-win-Situation“, erläutert Bütter: Mieter profitierten von niedrigeren Nebenkosten, während sich für den Vermieter Spielraum für die Erhöhung der Kaltmiete eröffne. Im Blick hat Union Investment dabei auch die ­Bestandsmieter. Ihnen kommen die Assetmanager bei langfristigen Mietvertragsverlängerungen dadurch entgegen, dass bei der Indexierung der Miete nicht die volle Inflation berücksichtigt wird. Grundsätzlich sei die Inflationsbindung der Mieten jedoch ein wesentlicher Hebel, um die Performance der Fonds zu steigern, sagt Bütter.


Neben diesen Maßnahmen auf der Ertragsseite spielt die Gewinnung von Kapital eine entscheidende Rolle. „Wir versuchen, in der jetzigen Marktphase möglichst viel Kapital einzusammeln, um dann, wenn sich die Preise gefunden haben, dieses Kapital anzulegen und eine attraktive Rendite zu erzielen“, bringt ­Michael Bütter die Strategie auf den Punkt. Zusätzliche institutionelle Kapitalquellen für mittel- bis großvolumige Transaktionen in Europa will sich Union Investment auch in Asien erschließen. Und durch die Minderheits­beteiligung inländischen oder ausländischen Kapitals an bestehenden Assets soll ebenfalls Liquidität gewonnen werden.


Wir haben uns für einen vorsichtigen Investitionskurs entschieden und warten die nach der Zinswende fälligen Preiskorrekturen ab.
Michael Bütter CEO und Vorsitzender der Geschäfts­führung der Union ­Investment Real Estate GmbH

Dieses Kapital will Bütter bald wieder in Immobilien investieren. „Spätestens im dritten Quartal 2023, wenn sich das Zins­niveau stabilisiert haben sollte, werden wir signifikant fallende Verkaufspreise in den meisten Assetklassen und ein Auflösen der Transaktionsstarre sehen“, ist er überzeugt. Um die sich dann bietenden Chancen zu nutzen, sei dreierlei erforderlich: „Eigen­kapital, Handlungsstärke und die Fähig­keit, den richtigen Zeitpunkt für den Wiedereinstieg zu identifizieren. In allen drei Feldern sind wir sehr gut aufgestellt.“


Dass Immobilienfonds für Anleger attraktiv bleiben, zeigt für Michael Bütter auch das Ergebnis des vergangenen Jahres, in dem die Offenen Immobilienfonds von Union Investment ihre Ein-Jahres-Performance von durchschnittlich 2,5 Prozent im Vorjahr auf 3,1 Prozent steigerten. ­Immobilienfonds seien viel stabiler als ­Aktien oder Anleihen und böten außerdem steuerliche Vorteile, argumentiert der CEO der Union Investment Real Estate GmbH. „Sie sind zwar nicht der Renditekicker, aber ein Stabilisator des Portfolios – vor allem bei hochwertigen, nachhaltigen Portfolios, die über einen Inflationsschutz verfügen.“


Von Christian Hunziker


Titelbild: Depositphotos

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